30 Jahre Heimat- und Geschichtsverein Igstadt

Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Als Festtag war der 8. Oktober 2022 festgelegt und die
Feierlichkeiten fanden an zwei Orten statt. Pünktlich zum Jubiläum präsentierte der Heimatund Geschichtsverein Igstadt zwei neue Beiträge zur Ortsgeschichte und erfüllte ein weiteres Mal den Auftrag aus der Gründungssatzung vom 8. September 1992, die Igstadter Ortsgeschichte zerforschen und zu dokumentieren.
Um 14.30 Uhr wurde die erste Informationstafel an einem Gebäude von besonderem Interesse der Öffentlichkeit übergeben. Ingrid Dahl, 2. Vorsitzende des Vereins, konnte an der ehemaligen Dorfschmiede in der Bornstraße 4 hierzu 50 Gäste begrüßen. „Nicht nur Menschen haben eine Geschichte, sondern auch Gebäude und Plätze. Informationstafeln mit einem weiterführenden QR-Code sollen ihre Geschichte dokumentieren und diese vor dem Vergessen bewahren. Das ist eines unserer Vereinsziele der kommenden Jahre,“ so ihre Ausführungen. Gemeinsam mit Reinhold Voigt, dem Besitzer der Schmiede, wurde unter dem Applaus der Gäste die Tafel enthüllt. Auch das Glas Sekt fehlte nicht zur Übergabe.

Pünktlich um 15 Uhr begann der zweite Teil des Festes in der Pfarrscheune. Michael Weidenfeller, der 1. Vorsitzende des Vereins, begrüßte die Gäste per Live-Konferenz und nutzte die Gelegenheit, allen Beteiligten, die zum Gelingen des Jubiläumsfestes beigetragen haben, herzlich zu danken. Es war sicherlich ein Wermutstropfen, an einem solch wichtigen Tag krankheitsbedingt persönlich nicht anwesend zu sein. Als Zuhörer und Zuschauer konnte er jedoch dank
der von Steffen Dahl eingerichteten Technik das Geschehen verfolgen. Mittlerweile hatten sich 60 Gäste in der Pfarrscheune eingefunden.
Ingrid Dahl begrüßte Frau Stadträtin Gaby Wolf, die in Vertretung des Oberbürgermeisters Mende gekommen war, für den Ortsbeirat Frau Neumann, Herrn Joder, Herrn Nehrbaß und Herrn Voges, für die Igstadter Vereine und Institutionen Frau Ewen, Frau Cramer-Athanasiadis, Frau Eismann, Frau Döring, Herrn Eismann, Herrn Lieser und Herrn Vanscheidt sowie Vertreter der Heimatvereine aus Dotzheim, Erbenheim und Medenbach.
„Gut, wieder hier zu sein“, das Eröffnungslied, sprach allen aus der Seele. Es wurde vorgetragen von den Mitgliedern des Scheunentheaters Sarah Einloth, Dirk Hering, Christian Larfeld und Edmund Weins am Klavier.
In der anschließenden Ansprache stellte Ingrid Dahl das namensgebende Begriffspaar „Heimat“ und „Geschichte“ in den Vordergrund. Womit hat sich der HGV in den letzten 30 Jahren beschäftigt? Hat er etwas für Igstadt erreicht? Man kann mit Stolz und viel Respekt vor der Leistung der bereits verstorbenen Mitglieder sagen: Der Heimat- und Geschichtsverein hat einen festen Platz in Igstadt, er hat sich in den letzten 30 Jahren seinem satzungsgemäßen Auftrag entsprechend „nützlich“ gemacht. Seit 1992 recherchiert und dokumentiert der Verein die Igstadter Ortsgeschichte: Die Igstadter Hefte, Bücher als Chroniken und themenbezogene Dokumentationen, Informationsflyer, Ortskalender, Grußkarten, die Website, eine Gedenktafel und ein Videofilm als weiteres Ergebnis einer Buch-Recherche, seit dem 8. Oktober 2022 eine neue Dokumentation zu Kriegswitwen und Kriegswaisen und ein erstes Hausschild an einem historischen Gebäude, der Dorfschmiede. An dem Adventsmarkt werden Lesezeichen mit IgstadtMotiven erhältlich sein. All diese Aktivitäten sind Bausteine, damit die Geschichte nicht inVergessenheit gerät.

Betrachtet man das Wort „Heimat“ gibt es kaum einen weiteren Begriff, der so sehr aus der Zeit gefallen scheint. Aber gerade der Heimatbegriff kann ein sehr moderner werden, denkt man an die Bewahrung der Umwelt, die Sorge um die Auswirkungen des Klimawandels vor unserer Haustür, die Gebote der Nachhaltigkeit und die Lebensqualität. In der vom Heimat- und Geschichtsverein vor vier Wochen formulierten Stellungnahme gegen die Strommasten im Ländchen heißt es: „Das Planvorhaben mit der Errichtung von 12 Strommasten wird abgelehnt.
Entsprechend seiner Satzung verfolgt der HGV den Zweck der Förderung der Heimatpflege. Wir sehen in der geplanten Freileitung einen Eingriff, der nicht nur das Landschaftsschutzgebiet zerschneiden würde, sondern für die Menschen in den östlichen Vororten auch als erheblichen Verlust an Lebensqualität in ihrer Heimat empfunden wird.“
Der Heimat- und Geschichtsverein ist also nicht nur ein historisch forschender Verein, ein Geschichtsverein, sondern auch ein aufmerksamer „Kümmerer“ bei vielen aktuellen Fragen und Vorkommnissen in und um Igstadt. Er ist auch ein Heimatverein.
Ingrid Dahl führte aus, dass ein satzungsgemäßer Auftrag in den letzten 30 Jahren leider nicht umgesetzt werden konnte: Die Einrichtung eines Heimatmuseums. Aber es gibt eine gute
Perspektive im neuen „Haus der Vereine“, an dessen Realisierung man kooperativ mit dem Ortsbeirat und den Vereinen zusammenarbeite. Das Museumskonzept wird den verfügbaren Räumlichkeiten angepasst werden.
Vielfältig werden auch die Vereinsaktivitäten in der Zukunft sein: Feste Bestandteile sind die Teilnahme am Adventsmarkt, dem Adventskalender, den Kulturtagen und die Durchführung von Rundgängen und Exkursionen. Neu hinzukommen wird jährlich eine naturkundliche Exkursion in der Igstadter Gemarkung für Kinder und Jugendliche. Der HGV zählt aktuell 165 Mitglieder. Die Zahl ist erfreulicherweise steigend und im Rahmen des Jubiläums konnte der Verein drei neue Mitglieder begrüßen.
In ihren Grußworten würdigten Frau Stadträtin Wolf und Herr Ortsvorsteher Joder die Aktivitäten den Vereins. Sie wünschten weiterhin viel Erfolg, insbesondere bei der Ausgestaltung des Heimatmuseums.
Als nächster Punkt der Jubiläumsfeier standen die Gründungsmitglieder aus dem Jahre 1992 im Mittelpunkt, die mit einer Urkunde und einem Buchpräsent geehrt und bedankt wurden. Auf die Bühne gebeten wurden: Lieselotte Müller, Günter Fachinger, Peter Falk, Helmut Nehrbaß, Werner Sternberger, Gerhard Valentin und Gerrit Voges. Für den im Gründungsjahr beigetreten SPD-Ortsverein nahm Birgit Neumann die Ehrung entgegen. Sie haben mit ihrer Initiative und ihrer Vereinstreue wesentlich dazu beigetragen, dass der Verein in Jahre 2022 dieses Jubiläum feiern kann. Gerhard Valentin überraschte mit einem Dank, indem er einen historischen Schlüssel der Pfarrscheune überreichte, den er bei Aufräum- und Aufbauarbeiten Ende der 1960er Jahren gefunden hatte.
Er ging vermutlich bei dem Brand der alten Pfarrscheune im Dezember 1927 verloren. „Ob er allerdings exakt der Pfarrscheune zuzuordnen ist, ist nicht gesichert“, schmunzelte Valentin.
Die noch druckfrische Dokumentation „Kriegswitwen und Kriegswaisen in Igstadt. Eine ortsgeschichtliche Erinnerung“ wurde von Ingrid Dahl vorgestellt. Impulsgeber für diese Erinnerung war Horst Lind, der dem Verein zur Auswertung zahlreiche Dokumente seiner 1945 verwitweten Mutter zur Verfügung gestellt hat. Die Dokumentation ist als Ergänzung zu sehen zu dem Buch „Als der Krieg zu Ende war. Igstadt nach 1945“. Knapp 40 Kriegswitwen und über
50 Kriegswaisen gab es in Igstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Während es in fast jedem Ort ein Denkmal für die gefallenen Soldaten gibt, oft auch ein namentliches Gedenken, fehlt ein Denkmal für die Frauen, die Leidtragenden und stillen Heldinnen des Krieges. Die neue Publikation soll nachdrücklich an diese Frauen und Kinder in Igstadt erinnern. Herzlich gedankt wurde mit diesem Präsent den Zeitzeugen Sieglinde Sternberger, Doris Lauck, Ingrid Bohrmann, Horst Lind und Hans Dieter Dörr. Leider konnten Edgar Dauber und Lieselotte Vogt wegen Krankheit nicht anwesend sein. Sie alle haben ihre Erinnerungen, bisweilen auch schmerzhafte, mit dem Verein geteilt. Die Anwesenden freuten sich sehr, dass diese Schicksale nicht vergessen werden.
Die Lieder „Smile“ und „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“ beschrieben
zutreffend die besondere Atmosphäre des Nachmittags. Das kleine Glück auf der Welt fanden
diesmal die Gäste in der Pfarrscheune und besonders am anschließenden wunderbaren Kuchenbuffet, womit die Jubiläumsfeier in geselliger Runde ausklang.
Bericht: Ingrid Dahl, Michael Weidenfeller

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