Auf den Spuren der Steinzeitjäger im Wäschbachtal
Kinder-Erlebniswanderung des Heimat- und Geschichtsvereins
Knapp 20 junge Naturforscherinnen und –forscher in Begleitung ihrer Eltern und Großeltern waren der Einladung des HGV Igstadt gefolgt und ließen sich für zwei Stunden in die Welt der steinzeitlichen Jäger zurückversetzen. Nachdem im letzten Jahr die Kontinent-Kontinent-Grenze im Wickerbachtal im Vordergrund der Kinder-Erlebniswanderung stand, ging es diesmal um die altsteinzeitliche Fundstelle im Wäschbachtal zwischen Igstadt und Erbenheim, die vor über 30 Jahren von Archäologen ausgegraben wurde.
Unter der Leitung des Vorsitzenden des HGV Michael Weidenfeller startete die Wanderung an der Bushaltestelle in der Susannastraße und führte zunächst zu einem Aussichtspunkt bei der Alten Brücke. Nach spannenden Informationen zur Entstehung der Landschaft ging es unterhalb der Bahntrasse weiter bis zu einem Knick, von wo aus der Weg in großen Wellen hangabwärts führt. Dieses steile Stück mit Wechseln von Mulden und kleinen Kuppen diente schon Generationen von Igstadtern als geniale Schlittenbahn. Ihre ungewöhnliche Form verdankt sie den Hangrutschungen, die bis heute anhalten.
Auf einer Wiese am Rande des Tales kamen Bohrstock und Hammer, Zollstock und verdünnte Salzsäure zu Einsatz. Schnell waren die Gerätschaften aus der Schubkarre entladen und die Kinder wetteiferten um die Reihenfolge ihres Forschungseinsatzes. Zielgenau wurde der große Kunststoffhammer immer wieder auf den Kopf des Bohrstocks geschlagen, bis die Eisenstange fast einen Meter im Boden versenkt war. Im Wechsel mit anderen Kindern wurde der Bohrstock herausgedreht und der Inhalt aufmerksam studiert. Durch das Kneten und Rollen des Bodens wurde abgeschätzt, ob es sich um einen Ton oder einen Sand handelte. Vorsichtig wurde schwache Salzsäure auf die kalkhaltige Bodenprobe geträufelt, die mit Aufschäumen reagierte und dadurch große Begeisterung auslöste.
Zurück auf dem Weg erreichte die Wandergruppe schließlich den ehemaligen Fundplatz, der heute auf dem Acker nicht mehr erkennbar ist. Michael Weidenfeller hatte jedoch eine Vielzahl von Fotos von den Grabungsaktivitäten wie auch ehemalige Presseartikel dabei. Es war vor 30 Jahre eine kleine Sensation, dass hier nachgewiesen werden konnte, dass sich Steinzeitmenschen zum Höhepunkt der letzten Eiszeit vor über 20 000 Jahren über einen längeren Zeitraum außerhalb von Höhlen aufhielten. Die Lösung liegt wohl in den heißen Quellen von Wiesbaden, von denen die Menschen in der Eiszeit angezogen wurden. Von dort aus brachen sie zur Jagd auf und richteten an exponierten Stellen, wie zum Beispiel am Rande des Wäschbachtales, Lagerplätze ein. Knochenreste von Wildpferden und Steinböcken weisen auf diese Jagdaktivitäten hin. Sogar ein kleines Knochenfragment vom Mammut wurde bei der damaligen Grabung gefunden. An der Fundstelle entdeckte Muscheln mit herausgearbeiteten Bohrlöchern gelten als der älteste Schmuck von Wiesbaden und sind im Stadtmuseum ausgestellt. Sie stammen aus den Rutschhängen auf der anderen Seite des Tales.
Zum Abschluss der Wanderung bedankte sich der HGV-Vorsitzende bei den Kindern für ihr engagiertes Mitmachen. Als kleine Anerkennung erhielten alle eine von Ingrid Dahl gestaltete Teilnahmeurkunde und das archäologische Führungsheft zur Fundstelle. „Um den wissenschaftlichen Nachwuchs müssen wir uns keine Sorgen machen“, bemerkte er schmunzelnd. Interessierte Kinder, staunende Erwachsene und bestes Wetter, so lässt sich kurz und knapp die diesjährige Erlebniswanderung zusammenfassen.
Michael Weidenfeller